Auf die Barrikaden!
Heute ist internationaler feministischer Kampftag! Wir hoffen, ihr nutzt das, um auf die StraĂe zu gehen. Wir wĂŒnschen uns auch, dass ihr euch an jedem anderen Tag genauso fĂŒr Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung einsetzt.
Aktuell hĂ€ufig auf Blumengeschenke reduziert, war der Frauentag ursprĂŒnglich dem Kampf fĂŒr die Gleichberechtigung und das Wahlrecht fĂŒr Frauen gewidmet, sowie der Emanzipation von Arbeiterinnen. Diese politischen KĂ€mpfe fĂŒr die Rechte und die Sichtbarkeit der Benachteiligung und Ungleichbehandlung von Frauen, sind noch heute hochaktuell, Stichwort: Gender Pay Gap, Gender Health Gap, Gender Data Gap, mit teils fatalen Folgen fĂŒr die Lebensbedingungen und die Gesundheit von Frauen.
Die Gleichstellung von Mann und Frau ist noch lange nicht erreicht â im Gegenteil, wir erleben einen gesellschaftlichen RĂŒckschritt, der sich u.a. auch in der Wahl von Trump als PrĂ€sident der USA und Friedrich Merz als Bundeskanzler abzeichnet: Hass auf und Gewalt gegen Frauen werden wieder salonfĂ€hig. Benachteiligungen, sexistische Rollenbilder und sexualisierte Ăbergriffe gehören fĂŒr viele Frauen zur Tagesordnung – auch fĂŒr Frauen auf der Flucht, die besonders gefĂ€hrdet sind. Deshalb nutzen wir den heutigen Newsletter – neben einem kurzen Update vom Schiff und einem kleinen politischen Kommentar – dazu, euch ausgiebiger ĂŒber die Situation von Frauen auf der Flucht zu informieren.
Alerta Alerta, Antifascista!Â
Eure Sea Punks
Sea Punk I in der Werft
Unser Schiff ist nach dem letzten Einsatz wieder in Augusta und gerade in der geplanten FrĂŒhjahrswerft. Viele helfende HĂ€nde waren und sind noch die kommenden Wochen vor Ort, um zu entrosten und zu streichen – ein Job, der bei Schiffen, zumal einer alten Lady wie unserer Sea Punk I, jĂ€hrlich anfĂ€llt. Wie immer kostet das alles Geld. Wenn ihr mögt, unterstĂŒtzt uns oder erzĂ€hlt anderen davon, uns eine Spende dazulassen.

Bootschafter*innen der Sea Punk I
Die Sea Punk I hat mittlerweile schon 728 stolze Bootschafter*innen, die uns mit einer monatlichen Spende von 13,12 ⏠oder mehr unterstĂŒtzen. Insgesamt brauchen wir 3333 Bootschafter*innen, um die jĂ€hrlichen Kosten von 41.666 ⏠fĂŒr unseren Schiffsbetrieb zu decken. Monatliche Dauerspenden helfen uns sehr dabei, langfristiger planen zu können. Deshalb: werde jetzt Bootschafter*in oder – falls du es schon bist – animiere doch gern ein, zwei Leute in deinem Umfeld, eine Dauerspende bei uns abzuschlieĂen. Es ist der direkteste und zugleich nachhaltigste Weg, unsere Arbeit zu unterstĂŒtzen.Â
Rare Testpressungen & anderer heiĂer Scheiss: SeabayÂ
Jeden Freitag ist bei uns Seabay Tag! HeiĂt, wir versteigern auf Ebay Testpressungen, RaritĂ€ten und andere SchĂ€tze, die uns von Bands die uns supporten zur VerfĂŒgung gestellt werden – selbst KostĂŒme von Bela B waren schon dabei. Also, schaut immer mal rein, vielleicht ist etwas fĂŒr euch dabei. Und die Erlöse flieĂen komplett in unser Schiff.Â

Deutschland hat kein Migrationsproblem
Wir wissen ja, es ist DAS Lieblingsargument von den allermeisten Politiker*innen. Und die Medien schieĂen sich auch gern auf die Migrationsdebatte ein. Kurzer Realitycheck: Deutschland hat kein Migrationsproblem. Deutschland hat ein Rassismusproblem.Deutschland hat auch FachkrĂ€ftemangel. Wenn ihr uns fragt, kann dieses Land froh sein, wenn Menschen ĂŒberhaupt noch freiwillig hier herkommen wollen in den kommenden Jahren. WĂ€hrend Medien und Politik wĂ€hrend der Wahl Migration zum einzigen Thema gemacht haben, ist die Zahl der AsylantrĂ€ge in der EU und in Deutschland im Vergleich zu 2023 stark zurĂŒckgegangen. Das geht aus dem aktuellen Jahresbericht der EU Agentur fĂŒr Asyl vor. Insgesamt wurden in den 29 EU Staaten 1.014.000 AntrĂ€ge registriert â 100.000 weniger als im Jahr zuvor, ein RĂŒckgang von elf Prozent. Deutschland bleibt mit etwa 237.000 ErstantrĂ€gen auch vergangenes Jahr das Land mit den meist gestellten AsylantrĂ€gen. Das sind aber trotzdem 92.000 AntrĂ€ge weniger als 2023, ein Minus von fast 30 Prozent. Zugleich könnten bis zum Jahr 2035 sieben Millionen Arbeits- und FachkrĂ€fte fehlen.
Frauen auf der Flucht
122,6 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht â ĂŒber 61 Millionen davon sind Frauen und MĂ€dchen. Sie fliehen vor Krieg, Verfolgung und Gewalt. Menschen auf der Flucht sind eh in einer sehr verwundbaren und gefĂ€hrlichen Situation. Fliehende Frauen und MĂ€dchen sind zudem genderspezifischer Verfolgung, Gewalt und Diskriminierung ausgesetzt. Sie sind auch auf der Flucht extrem gefĂ€hrdet.
Das gilt auch fĂŒr die Fluchtroute ĂŒber das Mittelmeer. Sie ist eine der gefĂ€hrlichsten Fluchtrouten, die Menschen auf sich nehmen können. Die Gefahr fĂŒr Frauen, wĂ€hrend der Flucht nach Europa und sogar innerhalb Europas erneut Gewalt zu erleiden, ist extrem hoch.
Ărzte ohne Grenzen schĂ€tzt, dass rund 30 Prozent der Frauen, die ĂŒber das Mittelmeer fliehen, schwanger sind. Es kommt immer wieder vor, dass schwangere Frauen aufgrund der belastenden UmstĂ€nde kurz vor dem Fluchtantritt, oder auch wĂ€hrend der Ăberfahrt ĂŒber das Mittelmeer, nach einer Rettung oder nach der Anlandung an Land eine Fehlgeburt erleiden.
Diese Frauen und ihre ungeborenen Kinder sind enormem Stress und schlechter Versorgung ausgesetzt, teils tagelang auf dem Mittelmeer unterwegs. Entweder das Wetter ist schlecht und Seekrankheit ist ein Problem, oder aber die Sonne brennt und Dehydrierung ist eine groĂe Gefahr. Die Schwangeren können sich nicht bewegen, und bei aufkommenden Schmerzen oder Blutungen gibt es keinen Zugang zu medizinischer Behandlung.
Weibliche Ăberlebende, denen die Flucht gelungen ist, berichten von traumatischen Erlebnissen wie Zwangsheirat, GenitalverstĂŒmmelung, Vergewaltigungen – entweder sie selbst oder ihre Töchter betreffend -, die sie dazu bringen, sich auf die gefĂ€hrliche Fluchtroute zu begeben. Auch auf der Flucht sind sie nicht sicher vor Ăbergriffen durch Vergewaltigungen, Zwangsprostitution, Folter. In den seeuntĂŒchtigen Schlauch- oder Holzbooten erleiden sie oft als erste Verletzungen, da sie meist in der Mitte des Bootes platziert werden, weil es dort vermeintlich sicherer ist, etwa nicht bei Wellengang ĂŒber Bord zu gehen. Aber genau an dieser Stelle, in der Mitte des Bugs, sammelt sich auslaufendes Motoröl oder Benzin und kann zu Verbrennungen und VerĂ€tzungen fĂŒhren.
Deutschland tut zu wenig, um Frauen und MĂ€dchen umfassend vor Gewalt zu schĂŒtzen! Dabei verpflichtet die Istanbul-Konvention dazu. Das »Ăbereinkommen des Europarates zur VerhĂŒtung und BekĂ€mpfung von Gewalt gegen Frauen und hĂ€usliche Gewalt« ist in Deutschland seit 2018 in Kraft. Es ist fĂŒr die gesamte EU und alle Unterzeichnerstaaten völkerrechtlich verbindlich. Staaten sind damit zu geschlechtssensiblen Aufnahme- und Asylverfahren verpflichtet. Zudem mĂŒssen sie gewaltbetroffenen Frauen internationalen FlĂŒchtlingsschutz nach den Regeln der Genfer FlĂŒchtlingskonvention gewĂ€hren.
Schon 2021 hat ein Bericht von PRO ASYL, FlĂŒchtlingsrĂ€ten und der Uni Göttingen gezeigt, dass die Istanbul-Konvention fĂŒr geflĂŒchtete Frauen und MĂ€dchen mangelhaft umgesetzt wird. In der Aufnahmepraxis der LĂ€nder werden geflĂŒchtete Frauen, die Gewalt erfahren mussten, nicht systematisch identifiziert. In vielen SammelunterkĂŒnften gibt es keine Gewaltschutzkonzepte und keine Vorgaben oder Kontrolle von bestehenden Schutzkonzepten durch die LĂ€nder. Noch immer ist es keine Seltenheit, dass Toiletten, Duschen oder SchlafrĂ€ume in FlĂŒchtlingsunterkĂŒnften nicht abschlieĂbar sind. Frauen, die bereits schwere körperliche und/oder seelische Gewalt erlitten haben und traumatisiert sind, werden so zusĂ€tzlich strukturell weiterer potenzieller Gewalt ausgesetzt. Obendrein haben sie aufgrund der einschrĂ€nkenden Gesundheitsregelungen des Asylbewerberleistungsgesetzes keinen ungehinderten Zugang zu Beratung, medizinischer Behandlung oder psychologischer Hilfe.
Die Bundesrepublik kommt den Vorgaben der Istanbul-Konvention auch in den Asylverfahren nicht hinreichend nach: Das Bundesamt fĂŒr Migration und FlĂŒchtlinge (BAMF) hat eine geschlechtsspezifische Verfolgung nur in 7,8 Prozent der inhaltlich geprĂŒften Asylentscheidungen von Frauen festgestellt.
(Quellen: Unicef, Amnesty International, Pro Asyl, BAMF, ĂoG)
