175.000 Leben gerettet – 10 Jahre zivile Seenotrettung

Hallo! In dieser Woche gibt es ein Jubiläum, bei dem wir wie so oft einiges fühlen: LIEBE und HASS zugleich. 10 Jahre zivile Seenotrettung! Mehr als 175.000 Leben konnten gerettet werden durch die Schiffe der zivilen Flotte – zu der auch wir seit einigen Jahren gehören. Sprich: Ihr habt mit vielen anderen einen wichtigen Teil dazu beigetragen, dass 175.000 Menschen leben!

Zugleich heißen 10 Jahre zivile Seenotrettung auch: Mehr als 30.000 Tote allein im zentralen Mittelmeer – und wie immer ist das nur die Anzahl an Toten, von der man weiß. Die Dunkelziffer ist so viel höher. 10 Jahre: ausgebaute Grenzbarrieren, absurde Milliondeals mit autoritären Regimen u.a. in Tunesien und Libyen zur Externalisierung der EU-Außengrenzen und die anhaltende wie zunehmende Verletzung der Rechte von Menschen auf der Flucht. Menschen, die man lieber im Mittelmeer oder dem Atlantik ertrinken lässt; in der Wüste Tunesiens sterben, an europäischen Binnengrenzen durch die Polizei verprügeln, in libyschen Folterlagern unsagbares ertragen oder in unsichere Herkunftsländer zurückbringen lässt – alles, Hauptsache sie kommen nicht nach Europa. Shame on EU!

Wir sind mit der Sea Punk I gerade unseren sechsten Einsatz gefahren und bereiten den nächsten vor. Um es mit den Worten von Angel, einem Crewmitglied zu sagen: “Wir sind bereit, mehr Menschen zu retten. So viele mehr … so viele wie wir retten können!”

Mehr News von uns in den folgenden Zeilen. Danke für eure Unterstützung!

Love & Rage
Eure Sea Punks


SECHSTER EINSATZ DER SEA PUNK I

294 Menschen konnten wir auf unserem sechsten Einsatz im Mai zur Hilfe kommen, als sie auf ihrem Fluchtweg über das zentrale Mittelmeer in Seenot und Lebensgefahr gerieten. Teils mussten wir mehr als 100 Menschen zu uns an Bord nehmen, um sie von ihren seeuntüchtigen Booten zu sichern. Unsere Sea Punk I ist dafür nicht ausgelegt – aber es war nötig und geboten, um Leben zu retten.

Unsere zweite Rettung in diesem Einsatz haben wir zusammen mit der Nadir von Resqship gemacht – die Nadir ist nun festgesetzt durch italienische Behörden. Mehr Infos dazu weiter unten!

Bei uns an Bord bekommen die Menschen etwas zu essen, können sich ausruhen, werden medizinisch erstversorgt. Viele von ihnen sind unfassbar erschöpft, die meisten haben, wenn sie den Weg über’s Mittelmeer antreten, bereits viele Jahre der Unterdrückung, Gewalt, Folter und Flucht hinter sich.

Wir wissen, dass die EU diese Menschen nicht mit offenen Armen empfangen wird und wünschen ihnen allen umso mehr alles Gute auf ihrem weiteren langen Weg in ein sicheres Leben.

KEINE SEENOTRETTUNG OHNE DICH! WIR FINANZIEREN DIE EINSÄTZE DURCH EURE SPENDEN. JEDE SPENDE HILFT UNS LEBEN ZU RETTEN! BITTE HELFT UNS, AUCH WEITERHIN EINSÄTZE ZU FAHREN UND LEBEN ZU RETTEN.



MEET THE CREW

Die Bilder von unserem letzten Einsatz gehen übrigens auf die Kappe von: @madisontuff

Sie hat einzelne Crewmitglieder nach dem Einsatz zurück im Hafen von Augusta interviewt. So hat sie Lauren gefragt, wie sie reagiert, wenn Menschen ihr erwidern, dass sie nie das machen könnten, was sie macht: ins Mittelmeer fahren und Leben retten. Lauren: „Jeder ist nur ein Mensch, mit seinem eigenen Leben. Aber eines Tages beschließt man einfach, etwas zu unternehmen. Wir alle sind der Beweis dafür, dass wir etwas gegen das Sterben im Mittelmeer tun und auf unsere eigene Weise handeln können.”

Tatsächlich werden wir sehr oft gefragt, was man tun kann, um zu helfen. Ne Menge! Und jede*r von uns kann das. Mit an Bord war auch Angel, der für sich am Schiff neu definiert hat, was das PUNK in Sea Punks für ihn bedeutet: “Der Punk in Sea Punks ist philosophisch. Auf dem Schiff arbeiten alle Punks super hart, tagein tagaus, weil sie an das glauben, was sie tun. Sie geben alles, was sie haben – und noch ein bisschen mehr.”


ITALIEN MACHT ERNST – SOLIDARITÄT MIT NADIR UND SEA EYE 5

Das italienische Innenministerium setzt das Piantedosi-Dekret wieder verstärkt um, und nimmt nun die Segelschiffe und kleinen Boote der zivilen Flotte ins Visier: Wir stehen an der Seite von Sea Eye 5 und Nadir, die beide unrechtmäßig festgehalten und mit hohen Geldstrafen bedacht werden! Diese Praktiken haben keine Rechtsgrundlage! Es ist pure Schikane und politische Willkür – die am Ende Leben kostet. Denn Schiffe festzusetzen bedeutet, dass mehr Menschen beim Fluchtversuch über das Mittelmeer sterben. Jeder Tag, den diese Schiffe festgesetzt und ihre Crews, dafür, dass sie Menschenrecht durchsetzen, kriminalisiert werden, ist ein Tag zu viel! Es bedeutet noch mehr Tote auf der tödlichsten Fluchtroute der Welt.

Auch unsere Sea Punk I zählt zu den kleinen Schiffen der zivilen Flotte. Wir beobachten sehr genau was passiert. Wir lassen uns nicht einschüchtern. Die zivile Flotte wird weiter machen und retten, solange Menschen auf der Flucht von der EU allein gelassen werden, weil Staatsmächte hoffen, dass sie Europa nie erreichen.

Mensch lässt Mensch nicht ertrinken. Punkt.

„Diese Praktiken haben keine rechtliche Grundlage“, sagt Admiral Sandro Gallinelli, der 40 Jahre für die Küstenwache gearbeitet hat und jetzt im Ruhestand ist. “Verwaltungsmaßnahmen müssen gerechtfertigt und begründet sein: hier gibt es keine Rationalität, außer der, die NGOs vom Rettungsgebiet fernzuhalten.”


10 JAHRE SEENOTRETTUNG : 175.000 LEBEN GERETTET

Zum zehnjährigen Bestehen ziviler Seenotrettung im zentralen Mittelmeer haben United4Rescue, Sea-Watch, Sea-Eye und SOS Humanity in der vergangenen Woche auf einer Pressekonferenz Bilanz gezogen – und ein Ende der politischen Blockaden von Rettungseinsätzen gefordert. Seit 2015 leistet zivile Seenotrettung unmittelbare Hilfe im zentralen Mittelmeer, da wo die Politik wegschaut.

Bis April 2025 waren die Schiffe der zivilen Flotte an der Rettung von 175.595 Menschen beteiligt – trotz wachsender politischer und bürokratischer Schikanen. Europäische Staaten und die EU setzen weiterhin auf Abschottung statt Schutz und missachten dabei internationales Recht. So führt das oben bereits erwähnte italienische Piantedosi-Dekret seit Januar 2023 zur Festsetzung ziviler Schiffe in 28 Fällen – insgesamt 680 Tage lang!


NEUE MEDIZINISCHE GERÄTE AN BORD

Medizinische Hilfe, wenn sie am dringendsten gebraucht wird: Nach fast zwei Jahren Seenotrettung wissen wir: Bei vielen Einsätzen nehmen wir Patient*innen an Bord, die eine engmaschige Überwachung ihrer Vitalwerte brauchen – sei es wegen Kreislaufproblemen, Erschöpfung, Unterkühlung oder schweren chemischen Verbrennungen. Dank einer großzügigen Spende verfügen wir nun über einen modernen Patient*innenmonitor, der uns hilft, in kritischen Situationen die Übersicht zu behalten.

Einige der Patient*innen, die wir an Bord versorgen, leiden unter inneren Verletzungen, Dehydrierung oder schwangerschaftsbedingten Komplikationen – Zustände, bei denen eine genaue Diagnose entscheidend ist.

Dank eines tragbaren Ultraschallgeräts kann unser medizinisches Team nun auch unter die Oberfläche blicken – schnell, sicher und direkt am Patient*innenbett. Ob es darum geht, innere Blutungen zu erkennen, Flüssigkeitsmengen einzuschätzen oder den Zustand eines ungeborenen Kindes zu überprüfen – dieses handliche Gerät liefert uns lebenswichtige Informationen in kritischen Momenten.

Medizinische Hilfe für Menschen in Not ist nicht nur ein ärztliches Gebot – sie ist ein Menschenrecht. Das Genfer Gelöbnis verpflichtet uns, „die Gesundheit und das Leben der Patientin oder des Patienten als oberstes Gebot zu achten“ – unabhängig von Herkunft, Status oder Umständen.

Wir und unser medizinisches Team an Bord handeln nach diesem Prinzip – auf See, für alle. 



Thank you for your attention

LOVE & RAGE
SEA PUNKS